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Wie kann man Eigenkapital fair und effizient aufteilen?

Geschrieben von KAPSLY | 28.10.2020 11:45:00

Die Aufteilung der Firmenanteile ist oft ein vernachlässigtes Thema und wir erst in letzter Minute schnell erledigt. Dabei ist die Aufteilung des Eigenkapitals eine so wichtige Grundlage für den Erfolg eures Unternehmens. Deshalb habe ich mich gefragt, ob es eine Formel gibt, die es jedem ermöglicht, es richtig zu machen.

Noch vor der Aufteilung des Eigenkapitals wollt ihr sicherstellen, dass die richtigen Leute im Team sind. Das ist wahrscheinlich der wichtigste Indikator für den Erfolg eures Unternehmens und dafür, eine Finanzierung zu bekommen. Eigenkapital kann ein wichtiger Motivator für Leute sein, sich an einem Startup zu beteiligen, aber es kann auch ein Grund sein, es zu verlassen. Ich bin sicher, Du kennst mindestens eine dieser Geschichten, in denen die Mitgründer nicht glücklich miteinander auskamen. Und wenn das passiert, habt ihr hoffentlich definiert, wie ihr mit einer solchen Situation umgeht. Du willst also sicherstellen, dass Du die richtige Grundlage schaffst und dein Team motiviert bleibt.

Es gibt zwei Hauptmodelle, die zur Aufteilung des Eigenkapitals verwendet werden können, eines ist statisch, das andere dynamisch. Bevor wir dazu kommen, lasst uns einen Blick darauf werfen, welche Aspekte bei der Aufteilung von Eigenkapital berücksichtigt werden sollten:

    • Berechtigung: Identifiziere Personen für das Kernteam, und unterscheide zwischen Schlüsselmitarbeitern und Nicht-Schlüsselmitarbeitern. Ein (zukünftiges) Organigramm kann hier helfen. 
    • Erwartungshaltung: Was sind die individuellen Ziele. Welche Funktionen werden die Mitgründer haben und wie viel Zeit planen sie zu arbeiten?
    • Beiträge: Investieren die Mitgründer Geld oder bringen sie andere Ressourcen, Netzwerke oder IP ein?
    • Wichtigkeit: Wie wichtig ist ihr Beitrag für den Erfolg eures Unternehmens?
    • Rollen und Verantwortlichkeiten: Wer wird was tun? Wer wird der CEO sein?
    • Risiko: Welches Risiko geht jeder ein? Was sind die Opportunitätskosten für jeden?
    • Motivation & Fairness: Was fühlt sich für die Menschen individuell und für das Team insgesamt fair an.
    • Investoren: Welchen Eindruck macht das auf die Investoren? Ist es nachvollziehbar, warum man das Eigenkapital so aufteilt?

Diese Überlegungen sollten auf jeden Fall in den Entscheidungsprozess einfließen, egal wie der Mechanismus zur Aufteilung des Eigenkapitals aussehen mag. Eine Nutzwert-Analyse kann diesen Prozess strukturierter und schneller machen, vor allem wenn man das statische Modell verwendet. Beim dynamischen Modell werden einige dieser Faktoren automatisch berücksichtigt. Es kann jedoch sinnvoll sein, Anpassungen vorzunehmen, bevor das Eigenkapital fixiert wird, was irgendwann der Fall sein wird. Bei der Bewertung der Methoden zur Aufteilung des Eigenkapitals sollte man über die Vor- und Nachteile vor, während und nach der Aufteilung des Eigenkapitals nachdenken. Letzteres gilt insbesondere für Mitgründer, die das Schiff vorzeitig verlassen.

 
Festes Modell (gleich oder ungleich):

Ein festes oder statisches Modell der Eigenkapitalaufteilung bedeutet, dass die Mitgründer jedem Mitgründer einen bestimmten Prozentsatz der Anteile zuweisen müssen, der gleich (z.B. 3 Mitgründer bekommen je ein Drittel) oder ungleich sein kann. In vielen Fällen ist es unwahrscheinlich, dass jeder Mitgründer den gleichen Wert zum Startup beiträgt und dies auch in Zukunft tun wird. Das Hauptmerkmal ist hier, dass die Anteilsverhältnisse, sobald sie vereinbart sind, feststehen.

Vorher:

  • Pro: Einfach einzurichten.
  • Contra: Potentiell zähe Verhandlungen und demotivierte Teammitglieder.

Während:

  • Pro: Keine weiteren Aktivitäten erforderlich (Milestones und Vesting sollten vorhanden sein).
  • Contra: Eine Änderung des Arbeitsumfangs spiegelt sich nicht im Aktienbesitz wider.

Nachher:

  • Pro: Klar definierter Eigentumsanteil (unter der Annahme, dass ein ordnungsgemäßes Vesting eingerichtet wurde).
  • Contra: Ungerechtfertigter Ausstieg für Mitgründer (Unternehmensbewertung entspricht nicht dem fairen Wert der Beiträge) oder totes Eigenkapital (Dead Equity). 

 

Dynamisches Modell:

Ein dynamisches Modell bezieht sich auf die Änderung der Besitzverhältnisse, die im Laufe der Zeit steigen oder fallen können. Typischerweise wird das Eigenkapital auf der Grundlage des Wertes der Beiträge aufgeteilt, die jeder leistet, z. B. Zeit, Geld, Vermögenswerte, Verbindungen oder IP. Der Hauptbeitrag wird jedoch die Zeit sein. Daher ist es sinnvoll, die Zeit jedes Mitgründers zu bewerten und die Anteile entsprechend dem Wert der Beiträge aufzuteilen. Dieses Modell ist besonders für Bootstrapping-Startups geeignet.

Vorher:

  • Pro: Klare Regeln und Flexibilität.
  • Contra: Schwieriger zu verstehen, noch nicht gut etabliert.

Während:

  • Pro: Immer klare Bewertung der Beiträge. Sorgt für Transparenz.
  • Contra: Aufwand, den Überblick über die Beiträge zu behalten. Ereignisse (z. B. die Firmengründung) können einen festen Eigenkapitalstatus auslösen und erfordern zusätzliche Überlegungen, wenn das Bootstrapping fortgesetzt wird.

Nach:

  • Pro: Keine Verhandlungen über die Abfindung des ausscheidenden Mitgründers, da die Beiträge immer wertgeschätzt werden.
  • Contra: Keine, die mir bekannt sind, da sich der Aufwand für das Eintragen der Beiträge jetzt auszahlt.

 

Diese beiden Modelle schließen sich nicht zu 100 % gegenseitig aus. Es gibt bestimmte Ereignisse, wie z. B. die Gründung deines Unternehmens, bei denen Du eine Entscheidung über die Eigentumsverhältnisse treffen musst. Dann kann eine Prognose oder eine Nutzwert-Analyse eine gute Methode sein, um die Eigentumsverhältnisse anzupassen. Für jede der Methoden ist es ebenso wichtig, eine ordentliche Mitgründervereinbarung (Co-founder Agreement) zu haben, einschließlich eines Vesting-Plans, der auf Meilensteinen und/oder Zeit basiert, möglicherweise sogar ein Cliff für Mitgründer und eine Definition von schlechten und guten Aussteigern (Good- und Bad-leaver) und wie diese entschädigt werden.

Wenn ich eine Empfehlung aussprechen müsste, würde ich mich für die dynamische Methode entscheiden, da ich glaube, dass sie wesentliche Vorteile bietet. Sie ist fairer und wird weniger von Verhandlungstaktiken beeinflusst. Sie sorgt für Transparenz und aktive Beteiligung aller. Den Überblick über die Beiträge zu behalten, kann eine Herausforderung sein, aber Online-Tools (wie bootstrpd.com) können diesen Prozess erleichtern und sogar zusätzliche Vorteile für die Mitgründer bieten, wie z. B. die richtige Verwaltung ihrer Zeit, den Umgang mit Ausgaben, die Entschädigung externer Unterstützer oder sogar den Nachweis ihres Engagements gegenüber Investoren.

Besonders für Unternehmen in der Frühphase glaube ich, dass das Verfolgen und Bewerten von Beiträgen ein wenig mit einer Versicherung vergleichbar ist. Du hoffst es nie zu brauchen, aber im schlimmsten Fall ist es unbezahlbar, sie zu haben. Angenommen, dein Startup hat eine Bewertung und ihr wisst endlich, wie viel die Anteile der ausscheidenden Mitgründer wert sind, dann übersteigt die Bewertung eures Startups oft den Wert der Beiträge bei weitem, selbst unter Berücksichtigung einer Risikoprämie. Daher scheint eine Auszahlung, die auf dem Wert der Beiträge basiert, fairer für jemanden, der in einer so frühen Phase ausscheidet.

Was sind Ihre Erfahrungen? Bitte kommentiere unten.

 

Vincent Irrling